Hätte ich bei der Wahl meiner besten Freunde stets auf meinen Kopf gehört und diese in potenziell nützliche / nicht nützliche Weggefährten eingeteilt, dann – wage ich zu behaupten – hätte mein Leben einen sehr viel schlechteren Verlauf genommen. Und das schon ab dem Alter von zehn Jahren! Damals ging ich in die 5b der Wald-Grundschule und war so beliebt, wie man nur sein kann, wenn man die Klamotten seines sieben Jahre älteren Bruders auftragen muss und auch bei der Frisurenmode (made by Mami) ein knappes Jahrzehnt hinterherhinkt. Stellt euch einen breitnasigen Muffelkopf mit Topfhaarschnitt, Lederhosen und Aluaktenkoffer vor, der seine Freizeit am liebsten in der Schulbibliothek verbringt. Ja, genau: Ich war der klassische Büchernerd, den man beim Völkerball nicht in seiner Mannschaft haben wollte, es sei denn als Kanonenfutter. Tja, und dann kam Ender. Spät eingeschult, einmal sitzen geblieben, die Lehrer nannten ihn »Deutschtürke«, der größte Rüpel der Schule. Als er durch die Klassentür trat, glaubte ich, ein Vater wäre gekommen, um sein Kind etwas früher abzuholen. Doch dann wurde der Coolste der Coolen neben mich gesetzt. Die Klassenlehrerin dachte sich wohl, der Streber (also ich) könnte einen guten Einfluss auf den Problem fall (also Ender) haben. Natürlich war es genau umgekehrt. Ender änderte mein Leben; hauptsächlich, indem er mich mochte, was natürlich daran gelegen haben könnte, dass ich ihm bei seinen Hausaufgaben half. Und glaubt mir, das geschah ohne Zwang oder dass ich ihm dafür meine Turnschuhe hätte abgeben müssen. Im Gegenteil – er brachte mir meine ersten Adidas-Schuhe zum Selbstbemalen aus dem Sportgeschäft seines Vaters mit, um mich von meinen hässlichen Quadrattretern zu befreien. Und da er, der Beliebte, mein Freund wurde, färbte das auf die Herde der Mitschüler ab, die mich bis dahin nicht mal hatten ignorieren wollen. Ender lehrte mich auch viele nützliche Dinge, die man als Grundschüler dringend für seinen Alltag braucht: etwa, wie man eine Zigarre raucht (schlechte Idee, es hinter der Turnhalle zu versuchen, während der Sportlehrer vorbeijoggt). Später schmuggelte er die FSK-18-Videos seines Vaters aus der Wohnung (Rollerball, Die Klasse von 1984, Tanz der Teufel, Zombies im Kaufhaus und – natürlich – Die Klapperschlange mit Kurt Russell, dürft ihr alles noch nicht sehen, aber jetzt ahnt ihr, woher meine Leidenschaft für Thriller stammt). Kurz, ich habe Ender viel zu verdanken, und es ist schön, noch heute mit ihm befreundet zu sein. Selbstverständlich besuche ich ihn jeden Sonntag in der JVA (Scherz).…
So, jetzt wissen Sie, wieso ich den Namen Ender schon einmal in „Abgeschnitten“ verwendet habe und weshalb ich Thriller so mag.
Um ein noch besseres Bild über mich und meine Person zu erhalten, skizziere ich gerne für Sie die wichtigsten Stationen meines Berufslebens
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